Staatspreis Baukultur 2024
© Martin Stollberg

Alte Brauerei in Mannheim

Aus der Jury: „Ein so großes Umbauvorhaben anzugehen und umzusetzen erfordert von der Bauherrschaft Mut und Durchhaltevermögen[…]“

Anerkennung in der Sparte Mischnutzung

Eine ehemalige Brauerei nordöstlich der Innenstadt Mannheims wurde zuletzt für gewerbliche Zwecke sowie als Sport- und Ausbildungsstätte genutzt und nun zu einem mischgenutzten Wohn- und Gewerbekomplex umgebaut. An einer großen Verkehrsfläche gelegen, umgeben von Fakultätsgebäuden, Gewerbe und einem Industriebetrieb entstanden 33 Wohneinheiten, vom Einzelappartement bis zur 5-Zimmer-Wohnung, sowie sieben Gewerbeeinheiten, belegt mit Bistro, Büros und Praxen.

Bei der Sanierung standen die funktionale und optische Wiederherstellung der Einzelgebäude im Fokus sowie der Erhalt von historischen Details und der ursprünglichen Fassadenoptik.

So wurde u. a. die Klinker- und Sandsteinfassade aufwendig und größtenteils aus eigenem Abbruchmaterial instandgesetzt. Weitere Maßnahmen bestanden u. a. aus dem Austausch des Dachstuhls der Villa, verschiedenen Bauteilöffnungen sowie der Sanierung und des Neubaus von zwei Treppenhäusern und Aufzügen. Die Energieversorgung erfolgt durch die Verwendung von Fernwärme, Heizkühlgeräten und Luftwärmepumpen. Neue Bauteile kontrastieren durch Sichtbeton und reduzierte Geometrie mit der historischen Substanz. Die Treppenhäuser und Wohnungen folgen konsequent einem einheitlichen Gestaltungskonzept und Materialkanon aus Stahl, Holz und Beton. Der unterkellerte, bislang als Parkplatz genutzte halböffentliche Innenhof wurde mit Feldahorn bepflanzt und wird insb. von den Studierenden in den Pausen zum Aufenthalt genutzt.


Jury-Bewertung

Der Schlüssel für den Erhalt und Umbau eines Baudenkmals sind die Nutzungen. Das klingt so banal wie schwierig, wenn es sich um eine alte Brauerei handelt und öffentlich finanzierte Sondernutzungen wie Kultur oder Bildung wegfallen. Bei der Alten Brauerei in Mannheim ist es gelungen, ein einmaliges und bedeutendes Industriedenkmal von 1880 in Wohnungen für unterschiedlichste Wohnformen und Gewerbeflächen zu schaffen. 

Das Mischkonzept wird in idealer Weise dem Gebäudekomplex gerecht, der aus eigenständigen Gebäudeteilen besteht, die in ihrem ursprünglichen Charakter wieder herausgearbeitet wurden. Dabei wurden die Sanierung und der Umbau behutsam, handwerklich aufwendig und gestalterisch sehr ambitioniert vorgenommen. 

Insgesamt sind in enger Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde eine sehr weitgehend authentische Sanierung und Rekonstruktion des Ursprungszustandes hergestellt worden. Dabei ist das ursprünglich rein industriell und gewerblich genutzte Areal, mit zuletzt als Parkplatz genutztem Innenhof, zu einer milieureichen Nachbarschaft umgebaut worden, in der im Sommer Studenten die jetzt begrünten Höfe beleben und ein attraktiver Treffpunkt für die hier arbeitenden und wohnenden Menschen entstanden ist.

Ein so großes Umbauvorhaben anzugehen und umzusetzen erfordert von der Bauherrschaft Mut und Durchhaltevermögen, von den Planenden hohe Gestaltungskompetenz, bautechnisches Wissen und Lösungsorientierung sowie von den ausführenden Unternehmen große handwerkliche Fähigkeiten. Bei der ehemaligen Badischen Brauerei ist all dies in hervorragender Weise zusammengekommen und hat zu einem, wie die Jury findet, vorbildlichen Umbauprojekt geführt.